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Privatinsolvenz anmelden: Ablauf, Dauer, Kosten, Vor- und Nachteile


Ablauf, Dauer und Kosten
Privatinsolvenz – so lassen Sie Schulden hinter sich


Aktualisiert am 29.03.2023Lesedauer: 6 Min.
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Ein Mann nutzt einen Taschenrechner (Symbolbild): Profis helfen beim Weg aus der Privatinsolvenz (Quelle: Christin Klose/dpa-tmn)

Eine Privatinsolvenz öffnet Verbrauchern den Weg aus den Schulden. Doch dafür gelten bestimmte Voraussetzungen. Und kostenlos ist sie auch nicht.

Wenn Sie Rechnungen nicht mehr bezahlen können, ständig im Dispo sind und diese Probleme nicht alleine lösen können, wird es Zeit, sich professionelle Hilfe zu suchen.

Ein Weg aus der Krise könnte die Privatinsolvenz sein. Diese dauert allerdings mehrere Jahre und fordert Entbehrungen von Ihnen. Wir erklären Ihnen, wie ein Privatinsolvenzverfahren genau abläuft.

Was ist eine Privatinsolvenz?

Mit der Verbraucherinsolvenz, auch Privatinsolvenz genannt, bekommen überschuldete Verbraucher die Möglichkeit, ihre Schulden innerhalb einer bestimmten Frist zu tilgen. Während des Insolvenzverfahrens dürfen allerdings keine neuen Schulden entstehen. Außerdem müssen Schuldner arbeiten oder sich zumindest um Arbeit bemühen (§ 287b InsO).

Während des Insolvenzverfahrens pfändet ein Insolvenzverwalter als Treuhänder so viel verwertbares Vermögen wie möglich und zahlt den Ertrag an die Gläubiger aus. Anschließend folgt die sogenannte Wohlverhaltensphase.

Sie müssen dann nicht nur einen Teil Ihres Einkommens abgeben, sondern auch Lottogewinne sowie die Hälfte des Vermögens aus Erbschaften und Schenkungen (§ 295 Nr. 2 InsO). Nach Abschluss der Wohlverhaltensphase werden Sie von Ihren Restschulden befreit – Sie sind schuldenfrei.

Achtung: Unterhaltszahlungen beziehungsweise Unterhaltsschulden sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen, wenn der Schuldner sie vorsätzlich nicht gezahlt hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre (§ 302 InsO). Gleiches gilt für zinslose Darlehen von einer Privatperson, die Sie aufgenommen haben, um die Insolvenzkosten zu zahlen. Sie müssen also auch bei Restschuldbefreiung beides noch zahlen.

Eine Privatinsolvenz können Sie in der Regel nur dann beantragen, wenn Sie keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben oder noch ausüben. Es gibt aber Ausnahmen: Liegen gegen Sie keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen vor und haben Sie zum Zeitpunkt des Antrags weniger als 20 Gläubiger, können Sie das Verfahren auch als Selbstständiger anstreben (§ 304 Abs. 2 InsO).

Wie lange dauert eine Privatinsolvenz?

Seit 1. Januar 2021 ist der Neuanfang einfacher: Denn dank einer Reform des Insolvenzrechts dauert es jetzt nur noch drei Jahre statt sechs Jahre, bis Sie bei einer Insolvenz von Ihren Restschulden befreit sind.

Eine solche Verkürzung war früher nur möglich, wenn Sie alle Verfahrenskosten und 35 Prozent der Forderungen der Insolvenzgläubiger beglichen hatten. Diese Voraussetzungen fallen inzwischen weg. Das dreijährige Insolvenzverfahren gilt zunächst befristet bis Mitte 2025.

Achtung: Auch wenn Sie zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt haben, verkürzt sich Ihr Verfahren. Denn die Bundesregierung hat eine Übergangsregelung beschlossen.

Wie stark es sich verkürzt, hängt davon ab, wann Sie die Privatinsolvenz beantragt haben. Genauer: wie viele Monate zwischen Ihrem Antrag und dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie zur Insolvenzrechtsreform am 16. Juli 2019 vergangen sind.

  • Beispiel: Haben Sie die Privatinsolvenz am 11. März 2020 beantragt, verkürzt sich das Verfahren um sieben Monate. Statt sechs Jahre dauert es dann nur fünf Jahre und fünf Monate. Maximal kann sich das Verfahren so auf vier Jahre und zehn Monate verkürzen (bei Antragstellung zwischen dem 17. September 2020 und dem 30. September 2020).

Wie viel Geld darf gepfändet werden?

Über wie viel Geld Sie als Verschuldeter verfügen dürfen, hängt unter anderem davon ab, wie viele Kinder Sie versorgen müssen. Der Wert geht aus der Pfändungstabelle hervor, die das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz alle zwei Jahre aktualisiert.

Derzeit darf ein monatliches Einkommen bis zu einem Betrag von 1.409,99 Euro nicht gepfändet werden. Haben Sie ein oder mehrere Kinder, gelten für Sie höhere Freibeträge.

Der Teil des Gehalts, der über der Freigrenze liegt, wird erst dann voll gepfändet, wenn Ihr Einkommen höher ist als 4.298,81 Euro. Andernfalls dürfen Sie einen Teil davon behalten.

Achtung: Damit die Pfändungsfreigrenzen eingehalten werden, brauchen Sie unbedingt ein Pfändungsschutzkonto, kurz P-Konto. Dafür beantragen Sie bei Ihrem Kreditinstitut, das Girokonto in ein P-Konto umzuwandeln. So eröffnen Sie ein Pfändungsschutzkonto.

Auto, Laptop und Co.: Was bleibt mir noch?

Bei einer Insolvenz gehört Ihr komplettes Vermögen zur Insolvenzmasse, die Sie dem Treuhänder übergeben müssen – also grundsätzlich auch Auto, Computer, Laptop oder teure Kamera.

Doch keine Sorge: Ein Auto, mit dem Sie zwingend zur Arbeit fahren müssen, bleibt. Gleiches gilt beispielsweise für eine einfache Armbanduhr oder den Ehering.

Wie ist der Ablauf einer Privatinsolvenz?

Zunächst muss man zwischen dem eigentlichen Insolvenzverfahren und der Vorbereitung unterscheiden. Bevor Sie Privatinsolvenz beantragen können, müssen Sie versucht haben, sich mit Ihren Gläubigern außergerichtlich zu einigen. Diese außergerichtliche Schuldenregulierung ist laut Insolvenzverordnung verpflichtend.

Dafür wenden Sie sich am besten an eine kostenlose Schuldnerberatung. Achten Sie aber darauf, dass es sich um eine anerkannte Beratung handelt. Wo Sie die nächstgelegene Schuldnerberatung finden, zeigt Ihnen der Schuldnerberatungsatlas des Statistischen Bundesamts. Alternativ können Sie sich auch einen Anwalt nehmen, dieser kostet Sie jedoch etwas.

Der Berater ermittelt zunächst Ihre Gesamtschulden und schreibt dann alle Gläubiger an, um mit diesen eine Ratenzahlung oder einen Verzicht auf Schulden zu vereinbaren.

Die außergerichtliche Einigung ist für Sie die günstigere, weil Sie weder den Insolvenzverwalter noch Gerichtsgebühren zahlen müssen. Sie gilt aber als gescheitert, wenn auch nur ein Gläubiger seine Zustimmung verweigert.

Bleibt es beim Einigungsversuch, stellt Ihnen die Schuldnerberatung einen entsprechenden Nachweis darüber aus. Damit können Sie beim zuständigen Insolvenzgericht Ihre Verbraucherinsolvenz als Schuldenbereinigungsverfahren beantragen.

Der Antrag sollte Folgendes enthalten:

  • Bescheinigung über das Scheitern des außergerichtlichen Einigungsversuchs (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO)
  • Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung (§ 300 Abs. 1 InsO)
  • Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten
  • Vermögensverzeichnis des Schuldners
  • Gläubiger- und Forderungsverzeichnis
  • Schuldenbereinigungsplan

Sind mindestens 50 Prozent der Gläubiger einverstanden, startet das eigentliche Privatinsolvenzverfahren. Das wiederum teilt sich auf in:

  • Verwertung des Vermögens
  • Wohlverhaltensphase
  • Restschuldbefreiung

Verwertung des Vermögens

Der Ablauf des privaten Insolvenzverfahrens startet damit, dass das Insolvenzgericht einen Insolvenzverwalter einsetzt. Der verteilt das pfändbare Vermögen und den Erlös aus pfändbaren Besitztümern an die Gläubiger. Allerdings zieht er davon vorher noch die Verwaltervergütung und Verfahrenskosten ab.

Für das Gericht ist die eigentliche Privatinsolvenz damit schon beendet. Für den Schuldner beginnt nun die Wohlverhaltensperiode.

Wohlverhaltensphase

In der Wohlverhaltensphase müssen Sie einige strenge Regeln einhalten, die sogenannten Obliegenheiten. Tun Sie das nicht, kann Ihnen das Gericht die Restschuldbefreiung versagen und das ganze Insolvenzverfahren wäre umsonst gewesen.

Zu den Obliegenheiten zählen unter anderem:

  • Erwerbsobliegenheit: Sie müssen nachweisen, dass Sie sich ernsthaft um Arbeit bemühen und jede zumutbare Stelle annehmen.
  • Auskunftspflicht: Ändern sich Ihre Vermögensverhältnisse, müssen Sie das melden. Dazu gehören beispielsweise Kündigung, Jobwechsel, Nebeneinkünfte oder Gehaltserhöhungen.
  • Einkommensabtretung: Sie müssen den pfändbaren Teil Ihres Einkommens an den Insolvenzverwalter abgeben, damit der das Geld – nach Abzug von Verfahrenskosten – einmal im Jahr an die Gläubiger auszahlt.

Restschuldbefreiung

Sobald Sie die Wohlverhaltensperiode erfolgreich hinter sich gebracht haben, geht Ihre Privatinsolvenz in die letzte Phase: die Restschuldbefreiung. Spricht nichts dagegen, gewährt das Gericht die Befreiung von der Restschuld üblicherweise.

Alle noch bestehenden Forderungen werden dann ungültig und die Gläubiger können diese nicht mehr durchsetzen. Sie sind schuldenfrei.

Allerdings gibt es Gründe, warum das Gericht die Restschuldbefreiung ablehnen kann. Dazu zählen:

  • Sie haben eine Insolvenzstraftat verübt.
  • Sie haben Ihre Auskunft- und Mitwirkungspflichten verletzt.
  • Sie haben in den drei Jahren vor dem Insolvenzantrag oder während des Verfahrens unvollständige oder falsche Angaben gemacht.
  • Sie haben neue Schulden angehäuft.

Was kostet eine Privatinsolvenz?

Die Privatinsolvenz gibt es nicht kostenlos. Sie müssen in jedem Fall die Kosten für Gericht und den Treuhänder tragen. Eventuell kommen noch Beratungskosten beim Anwalt oder der Schuldnerberatung hinzu.

  • Gerichts- und Treuhänderkosten: Die jeweiligen Gebühren berechnen sich nach der Höhe der Insolvenzmasse. Dazu zählt zum Beispiel der pfändbare Betrag Ihres Gehalts. Haben Sie weder Arbeit noch sonstiges Einkommen oder Vermögen, kommen üblicherweise Gebühren in Höhe von mindestens 2.000 Euro auf Sie zu. Diese können Sie allerdings stunden oder in Raten zahlen.
  • Beratungskosten: Hilfe bei Überschuldung bieten neben Verbraucherzentralen und Rechtsanwälten auch Schuldnerberatungsstellen an, die kostenfrei arbeiten. Sie benötigen in diesem Fall einen Berechtigungsschein für die Beratungshilfe, den sogenannten Beratungshilfeschein, den Sie beim zuständigen Amtsgericht erhalten. Dann trägt der Staat die Kosten für den Anwalt – allerdings nur bis zu dem Zeitpunkt, an dem die außergerichtliche Einigung scheitert. Die Kosten für die Antragstellung und die anschließende Vertretung im Eröffnungsverfahren müssen Sie trotzdem selbst bezahlen. Prozesskostenhilfe wird bei einem Privatinsolvenzverfahren nicht erteilt.

Was sind Vorteile und Nachteile?

Eine Privatinsolvenz gibt Ihnen die Chance, schuldenfrei zu werden. Doch sie hat auch verschiedene Nachteile. Die folgende Übersicht zeigt das Für und Wider.

Vorteile:

  • Schuldenfreiheit
  • Keine Konto- und Lohnpfändungen mehr
  • Keine Besuche vom Gerichtsvollzieher mehr
  • Existenzminimum ist durch Pfändungsgrenzen gesichert
  • Chance auf einen Neustart

Nachteile:

  • Lange Dauer (drei Jahre plus weitere sechs Monate im Schufa-Eintrag)
  • Arbeitgeber wird informiert (Lohnbuchhaltung muss den pfändbaren Teil des Gehalts überweisen)
  • Schufa-Eintrag macht Wohnungs- oder Anbieterwechsel schwieriger
  • Kosten

Wann lohnt ein Insolvenzplanverfahren?

Neben dem klassischen Insolvenzverfahren gibt es für Verbraucher seit Juli 2014 die Möglichkeit, ein sogenanntes Insolvenzplanverfahren zu durchlaufen. Anstatt erst nach Jahren können Sie in diesem Fall in wenigen Monaten schuldenfrei sein.

Voraussetzung hier: Es gibt einen Dritten, der die Gläubiger bezahlt. So könnte zum Beispiel der Sohn eines überschuldeten Rentners für diesen mit einer Einmalzahlung einspringen.

Außerdem darf der Schuldner kein hoch pfändbares Einkommen besitzen. Denn wegen des sogenannten Schlechterstellungsverbots dürfen die Gläubiger durch die Planinsolvenz nicht schlechter gestellt werden als im regulären Insolvenzverfahren.

Bei einem hohen Einkommen könnten die Gläubiger beim klassischen Verfahren über einen längeren Zeitraum mehr Geld für sich herausholen. Die Planinsolvenz ist dann nur möglich, wenn alle Gläubiger trotz der Schlechterstellung damit einverstanden sind.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz
  • Pfändungstabelle 2021
  • Verbraucherzentrale NRW
  • Finanztip
  • schuldnerberatung.de
  • anwalt.org
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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